Diplom- bzw. Masterarbeiten
Moderne elektronische Bauelemente nutzen häufig zwei-dimensionale Elektronenschichten, die gegenwärtig meist auf Halbleiterbasis hergestellt sind. Vor kurzem ist es experimentell gelungen, nahezu ideale, einatomige Schichten von Graphit (als "Graphen" bezeichnet, mit der Kristallstruktur des Bienenwabengitters) zu isolieren und elektrisch zu kontaktieren. Damit eröffnet sich prinzipiell eine neue Ära künftiger elektronischer Bauelemente auf Kohlenstoffbasis.
Allerdings verhalten sich die Ladungsträger auf solchen Graphen-Schichten quantenmechanisch wesentlich anders als in den gängigen Halbleitern. So genügen Elektronen auf Graphen beispielsweise einer "relativistischen" Dynamik, die einer Dirac-Gleichung folgt, anstatt der Schrödinger-Gleichung. Als eine Konsequenz dieser relativistischen Dynamik lassen sich Ladungsträger nicht (oder nur sehr eingeschränkt) durch elektrische Potentiale steuern, wie von Halbleiterstrukturen gewohnt. Deswegen sollen in den vorgeschlagenen Diplomarbeiten auch inhomogene Magnetfelder [1] untersucht werden, um Ladungsträger in Graphen zu kanalisieren und zu steuern.
In der Bearbeitung von Themen aus diesem Umfeld kommen sowohl analytische als auch numerische Techniken zum Einsatz.
[1] A. De Martino, L. Dell'Anna, and R. Egger, Magnetic Confinement of Massless Dirac Fermions in Graphene, Phys. Rev. Lett. 98, 066802 (2007)
[2] T.K. Ghosh, A. De Martino, W. Häusler, L. Dell'Anna, R. Egger, Conductance quantization and snake states in graphene magnetic waveguides, Phys. Rev. B 77, 081404(R) (2008)
Eine physikalische Realisierung sogenannter qubits als Basiselement in Quanten-Computern beruht auf der kohärenten Manipulation der Spins von Elektronen, die in kleinen künstlichen Potentialtrögen (Quantenpunkten) eingeschlossen sind. Lange Rechenzeiten erfordern stabile Spinzustände über entsprechend lange Zeiträume. Eine zwar kleine, experimentell aber schwer kontrollierbare Störung stellt die direkte magnetische Wechselwirkung zwischen den magnetischen Dipolmomenten der Elektronen dar, die Übergänge zwischen unterschiedlichen Spinzuständen induzieren kann [1].
Im Rahmen dieser Masterarbeit soll die dipolare Störung für Spin qubits in realistischen Quantenpunkten quantitativ untersucht werden. Nach analytischen Vorarbeiten werden hierfür numerische Auswertungen der ermittelten Ausdrücke in Abhängigkeit von relevanten Systemparametern erforderlich sein.
[1] W. Häusler, P. Hänggi, Spin conversion rates due to dipolar interactions in mono-isotopic quantum dots at vanishing spin-orbit coupling, Phys. Rev. B 73, 125329 (2006)
Quantenpunkte kann man sich als kleine, häufig 2-dimensionale Potentialtröge vorstellen, deren Geometrie und Tiefe durch geeignete elektrostatische Gate-Potentiale weitgehend regelbar ist [1]. Abgesehen von der Elektronenzahl N läßt sich der mittlere Abstand zwischen den eingeschlossenen Elektronen und dadurch die relative Stärke der (Coulomb-) Wechselwirkung einstellen. Insbesondere können hochkorrelierte N-Elektronenzustände mit interessanten magnetischen (Spin-) Strukturen entstehen. Zu ihrer theoretischen Beschreibung haben wir eine semiklassische Methode entwickelt [2], deren Gültigkeit sich bisher jedoch auf den Fall verschwindenden äußeren Magnetfeldes beschränkt.
In dieser Masterarbeit soll die Methode [2] verallgemeinert werden, um senkrecht zur Ebene des Quantenpunktes angelegte Magnetfelder berücksichtigen zu können. Diese Arbeit wird vorwiegend analytisch orientiert sein und erst gegen Ende, beim Vergleich mit Ergebnissen anderer Rechnungen, eine numerische Auswertung der Endausdrücke erfordern.
[1] S.M. Reimann, M. Manninen, Electronic structure of quantum dots, Rev. Mod. Phys. 74, 1283 (2002); J. Jefferson, W. Häusler, Quantum dots and artificial atoms, Molecular Physics Reports, 17, 81 (1997)
[2] W. Häusler, Correlations in Quantum Dots, Z. Phys. B 99, 551 (1996); J. Jefferson, W. Häusler, Effective charge-spin models for quantum dots, Phys. Rev. B 54, 4936 (1996); W. Häusler, Rotational levels in quantum dots, Europhys. Lett 49, 231 (2000)
Wirbelartige magnetische Strukturen, Skyrmionen genannt, bilden sich in einem ferromagnetisch geordneten Hintergrund, wenn eine "Verkantungs-" Wechselwirkung mit der ferromagnetischen Austauschwechselwirkung konkurriert [1]. Solche Skyrmionen haben sehr geringe Ausdehnung und sind u.a. deswegen für künftige magnetische Datenspeicher interessant. Ihre Stabilität beruht auf einer topologischen Erhaltungsgröße. Trotzdem wird experimentell die Erzeugung und Vernichtung von Skyrmionen beobachtet [2]. Womöglich erfolgt die Erzeugung über die Zwischenstufe eines Skyrmion-Antiskyrmion Paares (unter Erhaltung der Topologie) mit anschließendem Zerfall des Antiskyrmions [3]. Letztgenannter Prozess ist im Einzelnen noch unverstanden und soll im Rahmen dieses Masterarbeitsthemas untersucht werden. Die Arbeit wird neben analytischer Tätigkeit auch den Einsatz von Formelmanipulationsprogrammen erfordern.
[1] A. Rosch, Moving with the current, Nat. Nanotechnol. 8, 160 (2013)
[2] N. Romming, C. Hanneken, M. Menzel, J. E. Bickel, B. Wolter, K. von Bergmann, A. Kubetzka, R. Wiesendanger, Writing and Deleting Single Magnetic Skyrmions, Science 341, 636 (2013)
[3] M. Stier, W. Häusler, T. Posske, G. Gurski, M. Thorwart, Skyrmion-Antiskyrmion pair creation by in-plane currents, Phys. Rev. Lett. 118, 267203 (2017)
Wolfgang Häusler
Wolfgang.Haeusler "at" physik.uni-augsburg.de
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